Ausstellungen im Schloss 2022

Schloss Reinhardtsgrimma

 

 

 



Jens Küster, Dresden


Innere rhythmische Zirkel


Flechtwerk, Fassaden, Jalousien oder schillernde Wasserflächen – Jens Küsters (*1965) von 2004 bis in die Gegenwart hinein geschaffene Werke wecken vielfältige Assoziationen. Mit geregelten Abfolgen sich wiederholender Strukturen, feinmaschigem Gewirk, farbigem Flirren unterscheiden sie sich grundlegend von solchen Gemälden, die aus Kompositionsmustern, Ikonografie und Gattungen der Kunstgeschichte schöpfen. Ausgebreitet in ruhiger Bewegung, einem vibrierenden Gleichmaß, rühmen, mahnen, klagen oder erzählen sie zunächst nichts; bleibt die Begegnung mit den Bildern auf einer vorsprachlichsinnlichen Ebene. Von hohem ästhetischem Reiz, gehen die Absichten des Künstlers über dekorative Wirkung jedoch entschieden hinaus.
Der gebürtige Dresdner erwarb sich seine künstlerischen Grundlagen während des Studiums der Metallplastik sowie der Grafik und Malerei an der Hochschule für Kunst & Design Halle Burg Giebichenstein. Thomas Rug und – für ihn besonders prägend – Ludwig Ehrler (†) waren seine Professoren; er kam mit vielen unterschiedlichen Gestaltungsstilistiken in Berührung.
Damit mag die unorthodoxe Herangehensweise an seine Werke zu erklären sein, in denen seriell verwendete Module, Zeilen und Raster eine Hauptrolle spielen.
Vor allem aber prägte ihn die traditionell akustisch erzeugte Rhythmik Nordindiens. Weil er in ihr etwas fand, das mit seinem Selbstverständnis, seiner damaligen Weltsicht zu tun hatte, studierte Jens Küster sie seit 1994 in Kalkutta und Berlin auf der „Tabla“. Die hörbaren Klänge dieses Instruments, das aus einer hellen Pauke und der Basspauke besteht, überträgt er in Strukturen auf der Bildfläche. Zur künstlerischen Umsetzung verschiedener Rhythmen verwendet er dabei jeweils unterschiedliche Stempel, sodass die Metren in synchronen Draufblicken zutage treten. Somit sind die Bilder als Notationssysteme, also wie Notenblätter, zu verstehen.
Auch wenn Jens Küster bei den Arbeiten noch weiß, was für ein Metrum oder welche Komposition jeweils dahinterstand, sind sie jedoch kaum abspielbar, da er sie in einem Akt kalkulierter Umformung durch Zerschneiden, Verflechten, Abdecken und so weiter wieder auseinanderreißt und neu zusammensetzt. Durch das Ineinanderflechten schmaler und breiterer Streifen gewinnen seine
„Metrenflächen“ horizontal wie vertikal an Dichte und Tiefgründigkeit.
Trotz solch planvoller Entstehungsweise – lebendig wird das Einzelwerk durch Unregelmäßigkeiten! Nicht umsonst nannte der seit 1998 freischaffend arbeitende Künstler frühere Einzelausstellungen „Innere Rhythmische Strukturen“, „Rhythmusstörung“ oder „Verwerfung“. Bei längerer Betrachtung ist ein Pulsen, ein Schwingen unter der Oberfläche wahrzunehmen. Innerhalb der absichtsvoll geschaffenen Strukturen scheint der Zufall wieder auf – Ordnung und Chaos durchdringen einander.
Taucht der Betrachter in den farbig fein differenzierten Mikrokosmos dieser Bilder ein, lässt sich eine Endlosigkeit von makrokosmischen Dimensionen erahnen. Jens Küsters Werke vermitteln damit neben sinnlichen Sehereignissen Gleichnisse für Gesetzmäßigkeiten, wie sie auch in der Natur gelten.

Dr. phil. Anke Fröhlich-Schauseil, Dresden



Veranstalter:

 


Bildungszentrum Reinhardtsgrimma
im Schloss Reinhardtsgrimma
01768 Glashütte OT Reinhardtsgrimma, Schlossgasse 2
Thomas Kitt, Telefon: 035053 / 4070, E-Mail: thomas.kitt@smul.sachsen.de

Öffnungszeiten:
Mo. bis Do. von 7:30 bis 16:00 Uhr
Fr. von 7:30 bis 14:00 Uhr
oder nach Vereinbarung


 

Stadt Glashütte
 

Die Ausstellungen im Schloss werden unterstützt durch:



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